Was passiert, wenn man über 22.000 Profile einer Community auswertet, in der Menschen ehrlich über ihre Vorlieben sprechen? Man bekommt ein ziemlich unverfälschtes Bild davon, wie kinky Deutschland, Österreich und die Schweiz wirklich sind. In der neuen Folge des Podcasts Rein & Raus spricht Host Jones mit Deviance-Gründerin Marina über die Ergebnisse des ersten großen Kink Reports und darüber, was sich daraus über Sexualität, Generationen und Beziehungen ablesen lässt. Marina war bereits zum dritten Mal zu Gast bei Rein & Raus. Wer mag, kann hier in das Gespräch von 2024 eintauchen.
Von Bondage bis Orgasmuskontrolle
„Wenn du mich fragst, hätte ich Bondage, Spanking, vielleicht Rollenspiele erwartet, aber Orgasmuskontrolle auf Platz Zwei? Das hätte ich nicht gedacht“, sagt Jones gleich zu Beginn. Tatsächlich landet Bondage mit 56 Prozent auf Platz Eins der am häufigsten gewählten Kinks, gefolgt von Orgasmuskontrolle und Spanking.
Für Marina ist das ein überraschendes, aber aufschlussreiches Ergebnis. „Orgasmuskontrolle hat eine andere Qualität“, erklärt sie. „Da geht es weniger um das Physische, sondern mehr um Präsenz, Vertrauen und mentale Dominanz.“ BDSM als psychologische Feinmechanik, nicht nur als körperliche Praxis. Jones ergänzt: „Vielleicht, weil das etwas ist, das so tief in Verbindung führt. Kontrolle über den Orgasmus ist ja fast schon ein Eindringen in den Kopf des anderen.“
Wenn die Alten dominanter werden
Mit steigendem Alter wächst der Wunsch nach Kontrolle. Die Daten zeigen, dass je älter die Nutzerinnen und Nutzer, desto dominanter ihre Neigungen. „Das war wirklich auffällig“, erzählt Marina. „Die Schere zwischen Sub und Dom geht mit den Jahren deutlich auseinander.“
Jones lacht und fragt: „Werden Leute im Alter perverser?“ Ein bisschen, ja. Aber eher, weil Scham verschwindet. Wer sich selbst besser kennt, traut sich, offener zu werden, auch mit Fantasien, die früher unaussprechlich schienen. Während die jüngeren Generationen eher spielerisch und fluide agieren, ist BDSM für viele Ältere fester Bestandteil ihres Lebensstils geworden.
Von Scham zu Selbstverständnis
BDSM als Mittel der Selbsterkenntnis statt als Tabubruch ist vielleicht die größte Veränderung. „Wir leben in einer Zeit, in der man offener über Sexualität, Psychologie und Grenzen spricht“, sagt Marina. Jones nennt das in Anspielung auf die gemeinsame Folge aus 2024 den New Kink, eine neue Ästhetik von Lust, die sich nicht mehr zwischen Lederpeitsche und Lifestyle entscheiden muss.
Viele suchen auf Deviance nicht primär Sex, sondern Verbindung. 80 Prozent der Befragten verbinden BDSM mit Vertrauen und Hingabe, ein klarer Gegenentwurf zur Oberflächlichkeit klassischer Dating-Apps. „Das ist so schön, weil es zeigt, dass es nicht nur um Sex geht, sondern um Nähe“, so Marina.
Kinks zwischen Zahlen und Zeitgeist
Latex, Pegging, Natursekt… jede Generation hat ihre Lieblingsspielarten. Bei den Boomer:innen dominieren klassische Disziplin– und Erniedrigungsthemen, während Gen Z sich an Atemkontrolle, Pegging und neuen Dynamiken versucht. „Die Jüngeren sind experimenteller“, meint Jones, „sie wollen wissen, wie sich andere Rollen anfühlen.“
Marina ergänzt: „Das spiegelt auch gesellschaftliche Themen wider. Nachhaltigkeit etwa zeigt sich sogar im Rückgang von Lederfetischen. Und Phänomene wie der Brat Summer in der Popkultur führen dazu, dass viele junge Frauen sich mit frechen, aufmüpfigen Rollen identifizieren.“
Frankfurt, die Hauptstadt der Perversen
Ein Detail sorgt im Podcast für Gelächter. Die meisten Deviance-Mitgliedern kommen nicht etwa aus Berlin, sondern aus Frankfurt am Main. „Was ist mit Frankfurt los?“, fragt Jones. Marina lacht. „Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht die Banker, vielleicht einfach viele Doms.“ Spannend ist, dass auch die Rein & Raus-Hörerinnen und Hörer überwiegend aus Frankfurt kommen. Offenbar hat die Stadt nicht nur in Sachen Kink die Nase vorn, sondern auch beim Interesse an tiefgehenden Gesprächen über Sexualität und liegt damit klar vor Berlin, Wien und München.
Wer tiefer in diese Welt eintauchen möchte, sollte sich die ganze Folge auf Spotify, YouTube oder überall, wo es Podcasts gibt, anhören und natürlich den Deviance Kink Report 2025 kostenlos hier herunterladen.

 
 
																		 
																		 
																		 
																		 
																		 
																		 
																		 
																		 
																		 
																		