Vom legendären KitKat Club in Berlin hat wohl jede:r schon einmal gehört. Ein Ort, an dem sich Kink, Kunst und Körperkultur begegnen und der für radikale Freiheit steht. So nämlich beschreibt der Fotograf und Filmemacher Sahin Dellemann den Ort, der nicht nur Bühne, sondern auch Botschaft seiner Arbeit ist.
Denn dort stellt der Berliner Fotograf und Filmemacher Sahin Dellemann am 9. August sein erstes Fotobuch here&now vor. Mit einer Ästhetik zwischen Glamour, Grit und Rebellion feiert das Werk Individualität, Freiheit und den Mut zum Anderssein… Themen, die auch die Deviance-Community umtreiben. Und genau aus diesem Grund könnt ihr 2×2 Gästelistenplätzen für die Vernissage gewinnen. Doch dazu später mehr.
Dellemanns Blick auf die Gesellschaft, Subkulturen und queere Lebensentwürfe macht here&now zu mehr als nur einem Bildband: Es ist ein visuelles Manifest für Vielfalt und Selbstbestimmung. Was genau Selbstbestimmung für ihn bedeutet, wer sich von seinen Werken provoziert fühlt und wer eher nicht und was das mit euch zu tun hat, erfahrt ihr in diesem Interview.
In here&now geht es um Körper, Macht und Sichtbarkeit. Themen, die auch in BDSM eine zentrale Rolle spielen. Welche Berührungspunkte siehst du zwischen Kunst und Kink?
here&now ist ein inszeniertes, vielschichtiges Porträt einer Generation im Ausnahmezustand. Es erzählt von einer Gruppe Freund:innen, die sich in einer sich stark verändernden Welt dazu entschließen, das Leben kompromisslos im Jetzt zu feiern. Es geht um Gemeinschaft, Selbstermächtigung – und um die Kraft, sich gegen gesellschaftliche Enge ein eigenes Leben zu erschaffen. Die Themen Körper, Macht und Sichtbarkeit überschneiden sich dabei mit Fragen, die auch im BDSM verhandelt werden. Etwa wie Begehren sichtbar wird, wer Kontrolle hat oder was Intimität bedeuten kann. here&now ist eine Liebeserklärung an Freiheit, Vielfalt und den Mut, im Hier und Jetzt anders zu leben.
Viele deiner bisherigen Werke sind sehr körperlich oder fast schon explizit wie zum Beispiel „Die Pornomacher“. Gab es Werke, bei denen du gezögert hast, sie zu zeigen? Wie gehst du mit Tabus oder Zensur um?
Ja, es gab viele Momente des Zögerns – nicht aus Scham, sondern wegen der Frage: Wird das überhaupt gezeigt? Die Pornomacher ist keine explizite Arbeit, sondern eine Langzeit-Dokumentation, die Teil eines größeren Filmprojekts ist. Über fast zehn Jahre habe ich eine Szene begleitet, die meist moralisierend oder verzerrt dargestellt wird. Dabei wurde mir klar, wie stark Vorurteile und Zensur noch – oder vielleicht auch wieder – wirken. Das hat mich am Anfang sehr überrascht. Man fragt sich dann: Kann man wirklich freie Arbeit machen und sie trotzdem veröffentlichen und verkaufen? Es ist für mich immer wieder irritierend, wie voreingenommen und vielleicht auch unaufgeklärt unsere Gesellschaft im Jahr 2025 noch ist.
Was bedeutet Selbstbestimmung für dich?
Selbstbestimmung bedeutet für mich, die eigene Geschichte und das eigene Begehren nicht erklären oder rechtfertigen zu müssen. Es geht darum, sich Raum zu nehmen auch wenn er einem nicht gegeben wird. Gerade als Fotograf und Filmemacher bedeutet das, die eigene Perspektive ernst zu nehmen, auch wenn sie nicht dem Mainstream entspricht. Ich glaube, Selbstbestimmung zeigt sich oft in kleinen Gesten: in dem, was wir sagen, wie wir uns zeigen, mit wem wir uns verbünden. Und natürlich in der Entscheidung, trotz aller Widerstände sichtbar zu bleiben.
Was für Sahin Dellemann echte Community ausmacht
Welche Rolle spielt Community für dich, sowohl bei here&now als auch darüber hinaus? Gibt es Berührungspunkte mit queeren oder sexpositiven Szenen?
here&now wäre ohne diese Freund:innenschaften, Allianzen und geteilten Erfahrungen nicht möglich gewesen. Viele der Menschen im Buch bewegen sich in queeren oder sexpositiven Räumen, in denen alternative Formen von Intimität, Körperlichkeit und Zugehörigkeit gelebt werden. Auch bei der Wahl der Location für die Vernissage war das entscheidend: Das KitKat ist nicht einfach ein Club, sondern ein Raum der Community. Ein Ort, an dem Sichtbarkeit, Körper und Freiheit ganz selbstverständlich verhandelt werden. Genau da wollten wir hin. Mich interessiert dieses Spannungsfeld: zwischen Verletzlichkeit und Stärke, zwischen Alltag und Inszenierung. Community heißt für mich auch, sich gegenseitig zu sehen – jenseits von Marktlogik, Schubladen und Zuschreibungen.
Wie reagiert dein Publikum auf solche Arbeiten? Merkst du Unterschiede zwischen offen queerer/kinky Rezeption und einem eher „mainstreamigen“ Blick?
Die Reaktionen sind extrem unterschiedlich. Menschen aus queeren oder sexpositiven Kontexten betrachten die Arbeiten meist intuitiv. Im sogenannten Mainstream wird häufig zuerst das Äußere gesehen – das Körperliche, das Nackte – und genau das dann schnell als provokant bewertet. Aber das ist okay. Ich glaube, gute Arbeiten dürfen anstoßen. Und wenn sie Irritation auslösen, öffnen sie vielleicht auch neue Fragen: Warum stört mich das? Was sehe ich da wirklich? Und was projiziere ich hinein?
Sahin Dellemann inszeniert, was andere lieber zensieren würden
Was wünscht du dir von Besucher:innen, die zum ersten Mal mit diesen Themen in Berührung kommen?
Ich freue mich über Neugier. Und vielleicht die Bereitschaft, sich von der Präsentation berühren zu lassen. here&now ist kein Erklärstück, sondern eine fiktive Geschichte, die im Hier stattfindet. Manche Bilder fordern vielleicht heraus, andere laden ein. Es geht nicht darum, alles einzuordnen oder zu bewerten, sondern darum, kurz innezuhalten – und zu spüren, was das mit einem macht. Wer sich darauf einlässt, wird vielleicht weniger eine Botschaft finden als ein Gefühl. Und das reicht manchmal schon.
Und last but not least: Was erwartet die Community bei der Vernissage am 9. August?
Die Vernissage bringt here&now als multimediale Show auf die Bühne – eine Ausstellung in Bewegung, bei der Fotografie, Körper und Sound zu einem immersiven Gesamterlebnis verschmelzen. Präsentiert im legendären KitKat Club Berlin – einem Ort, der für radikale Freiheit steht.
Und wenn ihr am 09. August dabei sein wollt, habt ihr die Chance, exklusiv bei uns 2×2 Gästenlistenplätze zu gewinnen. Alles was ihr dafür tun müsst, ist bis Sonntag den 20. Juli 2025 eine Mail mit dem Betreff „here&now“ und warum ihr dabei sein wollt an [email protected] zu schreiben. Die Gewinner:innen werden schon am nächsten Tag benachrichtigt. Und wenn ihr neugierig auf noch weitere Werke von Sahin seid, hier geht es zu Saatchi Art.